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#COP21 (8/12) Wie beeinflusst der Klimawandel regionale Konflikte?

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Praktisch alle größeren menschlichen Gesellschaften müssen heute fein austariert sein bezüglich ihres Lebensraums und ihrer Zulieferströme von Nahrung und Ressourcen. Durch die große Anzahl von Menschen gibt es wenig Spielraum – man kann eine Region normalerweise nicht einfach verlassen und woanders siedeln, wenn die Lebensgrundlagen schlechter werden oder ganz austrocknen. Das Bevölkerungswachstum, das zumindest noch einige Jahrzehnte anhalten wird, macht diese Situation noch gravierender. Es kommen neue Menschen hinzu, aber an den Orten, wo man gut siedeln kann (und auch schon an vielen, wo man nicht gut siedeln kann), leben schon Menschen.

Der Klimawandel bringt Veränderung und das bedeutet in diesem Fall: Konfliktpotential. Denn die Erde erwärmt sich nicht gleichmäßig, sondern in verschiedenen Regionen unterschiedlich. Manche Gegenden der Welt werden wärmer und trockener, in anderen wird Infrastruktur durch häufigere Stürme oder Hochwasser zerstört. Wenn das regelmäßig geschieht, ziehen die Menschen aus so einer Gegend weg, finden aber sehr wahrscheinlich keine „leeren“ Flecken mehr, wo sie konfliktfrei ankommen und sich niederlassen können. Ein Beispiel für eine solche Veränderung gibt eine Studie von Jeremy Pal und Elfatih Eltahir:

Es ist eine Prognose, die ein Computermodell der beiden Umwelttechniker und Klimaforscher Jeremy Pal und Elfatih Eltahir nahelegt (Pal & Eltahir, Nature Climate Change, 2015). Sollte die Menschheit weiter wie bisher Treibhausgase in die Atmosphäre pusten, würde bis 2100 die globale Durchschnittstemperatur um 4 Grad Celsius steigen. Am Rande des Persischen Golfs könnten so Hitzewellen entstehen, die definitiv tödlich wären. Und zwar nicht nur für kranke, geschwächte und ältere Menschen, sondern praktisch für jeden, der sich draußen länger als etwa sechs Stunden aufhält. Es wäre wie in der Sauna eingesperrt zu sein: Hitze und Schwüle würden den Körper so stark aufheizen, dass Schweiß als natürliche Kühlung nicht mehr ausreicht und letztlich die Organe versagen. (Quelle)

Es handelt sich dabei um eine Simulation basierend auf Daten der Vergangenheit und ist damit keine sichere Vorhersage der Zukunft, sondern eine denkbare Möglichkeit. Dennoch lässt es aufhorchen, denn auch im kleineren Maßstab würden solche Veränderungen mittelfristig zu erheblichem Konfliktstoff in den betroffenen Regionen sorgen.

Auch bei der Entstehtung des Syrischen Bürgerkriegs sehen viele Forscher den Klimawandel als einen beteiligten Faktor. In den Jahren 2006 bis 2010 herrte eine ungewöhnlich lange und schwere Dürre in der Region. Zusammen mit anderen Faktoren hat sie dazu beigetragen, dass sich die Lebensbedingungen verschlechterten:

„Wir behaupten nicht, dass die Dürre den Krieg verursacht hat. Aber sie addierte sich zu all den anderen Stressfaktoren – und bildete damit vielleicht den Zündfunken, der zum offenen Krieg führte“ […] Im letzten Jahrhundert traten stärkere Dürren in den 1950er, 1980er und 1990er Jahren auf, doch fiel keine in der jüngeren Vergangenheit so heftig aus und dauerte so lang wie die letzte mit Beginn im Jahr 2006. Und diese Katastrophe könnte bereits mit dem Klimawandel zusammenhängen, so die Wissenschaftler – zumindest sprächen verschiedene Daten und Modellberechnungen dafür. (Quelle)

Auch in anderen Regionen der Welt könnten die sich verändernden klimatischen Bedingungen Konflikte anheizen. Verschiedene Konflikte kann man mit der Karte der Plattform ECC näher untersuchen. In der Regel kann man zwar in keinem Fall sagen, dass der Klimawandel für einen Konflikt verantwortlich sei – Konflikte haben meist vielfältige, sich gegenseitig beeinflussende Ursachen – aber oft wirkt die Verschlechterung von Klimabedingungen als Multiplikator von bereits vorhandenen Problemen.

Um den Zugang zu Trinkwasser geht es auch in vielen Beispielen von Claus Klebers sehr gut gemachter Dokumentation „Machtfaktor Erde“. Hier wird erkennbar, dass zum Beispiel schmelzende Andengletscher die Wasserversorgung von Lima bedrohen, was aller Voraussicht nach zu sozialen Konflikten führen wird. Ähnliche Beispiele gibt es im Himalaya und am Nil.

Die Eingrenzung des Klimawandels ist also auch eine Maßnahme zur Reduzierung und Entschärfung regionaler Konflikte weltweit.


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